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Zurück 17.04.2024

Elektrisch bis in den Himmel und wieder zurück

Das Unternehmen Dufour Aerospace mit Sitz in Visp und Dübendorf arbeitet mit Hochdruck an der Entwicklung seiner neuartigen elektrischen Flugzeuge. Über 50 Ingenieure aus aller Welt tragen dazu bei, dass dieses Ziel immer näher rückt. Im Gespräch erklärt CEO Thomas Pfammatter, welche Hürden das Jungunternehmen auf diesem Weg noch nehmen muss und wie gross die Chance ist, dass es den Durchbruch tatsächlich schaffen wird.


Dufour Aerospace, das von Anfang an von der Stiftung The Ark begleitet wurde, hebt die Luftfahrttechnik auf ein neues Level. Das Unternehmen mit Walliser Wurzeln arbeitet an verschiedenen Modellen eines elektrischen Fluggeräts, das schweben kann und gleichzeitig effiziente Reisen ermöglicht. «Wir verbinden die Vorteile eines Helikopters mit den Vorteilen eines Flugzeugs», erklärt CEO Thomas Pfammatter im Gespräch. Konkret entwickelt Dufour Aerospace sogenannte Tilt-Wing-Flugzeuge – Fluggeräte also, die senkrecht starten und landen können. Woher kommt die Motivation, in diesen Bereich zu investieren? «Das ist eine gute Frage», antwortet Pfammatter lachend. Neben dem Zufall, seiner Arbeit als Helikopterpilot, der Leidenschaft für die Kunstfliegerei, die ihn und die anderen Mitgründer verbindet, habe auch die ökologische Komponente eine Rolle gespielt.

Pfammatter stellt die Frage: «Weshalb viel Treibstoff verbrauchen, wenn das Fliegen auch elektrisch möglich ist?» Als ursprüngliche «Pistonheads», wie er sich und seine Partner spasshaft mit der englischen Bezeichnung für «Kolbenköpfe» bezeichnet, seien sie inzwischen immer mehr von ökologischen Überlegungen geprägt. Jeden Tag, den er als Pilot in der in der Luft sei, könn er von oben beobachten, wie sich die Welt verändert, wie die Gletscher immer mehr wegschmelzen. Das lasse sich nicht von der Hand weisen. «Wir sind aber keine Fundis und glauben nicht an Verbote. Vielmehr glauben wir, dass es mit Technologie möglich ist, ökologische Veränderungen zu bewirken. Wir haben die Technologie bereits heute. Es braucht aber Geld, es braucht Investitionen.»


Spassprojekt mit kommerziellem Potenzial

Den Beginn der jungen Unternehmensgeschichte von Dufour Aerospace markierte die Entwicklung eines eigenen elektrischen Kunstflugzeugs, des sogenannten Aero1. Dieses auf die Kunstfliegerei ausgerichtete Fluggerät wurde 2016 präsentiert – und kurz darauf die Aktiengesellschaft gegründet. «Zunächst als Spassprojekt initiiert, haben wir im Lauf der Entwicklung erkannt, dass für elektrische Senkrechtstarter durchaus auch ein kommerzielles Potenzial vorhanden ist.» Aero1 dient heute als Testfluggerät, steht auf dem Flugplatz in Raron und wird bei Bedarf weiter optimiert. Das hybride Kunstflugzeug von Dufour Aerospace lieferte die Basis für die beiden Nachfolgemodelle Aero2 und Aero3, die aktuell in Entwicklung sind und dereinst entweder unbemannte oder bemannte Optionen auf dem Markt bieten sollen.  

Beim Aero 2 handelt es sich um eine etwas kleinere Version von gut sechs Metern Länge. Aus der Umsetzung dieses unbemannten Modells will man weiter lernen. «Die Kosten der Entwicklungszyklen sind bei kleineren Flugzeugen logischerweise tiefer. Bei gleichem Outcome.» Aktuell steht beim Aero2 der Bau der Vorserienversion an – 2024 sollen bis zu sechs Exemplare realisiert werden, wovon einige bereits an Kunden verkauft werden konnten. Die Teile für den Bau treffen laut Pfammatter derzeit laufend ein, von der Zelle über die Flügel bis hin zu den Bordcomputern. «Bereits im März soll das erste Exemplar bereit sein», benennt er den nächsten Meilenstein. Nebenbei wird auch noch eine kleinere Version von Aero 2 entwickelt: der AeroMini. Dieser ist rund 2 Meter lang und kann demnächst in Visp in Kleinserien zusammengebaut werden.


Bemanntes Flugzeug als Krönung

Das erklärte Fernziel soll schliesslich die Markteinführung des grösseren Bruders sein. Mit Aero3 will Dufour Aerospace dereinst ein bemanntes elektrisches Flugzeug für Passagierflüge auf den Markt bringen. «Das setzt nochmals höhere Zertifizierungsstufen voraus als bei den unbemannten Modellen. Die Lehren, die wir aus Aero2 ziehen, helfen direkt bei der Entwicklung mit», sagt CEO Pfammatter. Bei Aero3 steht bereits das Basisdesign, es muss aber noch verifiziert werden. Er hoffe, dass es im nächsten Jahr soweit sein wird – danach können die Tests «zu allen möglichen Fragen» beginnen. Während er bei den unbemannten Fluggeräten von Dufour Aerospace beispielsweise Einsätze bei der Brandbekämpfung oder Transporte von heiklen Gütern als Einsatzmöglichkeiten hervorhebt, sieht er bei Aero3 beispielsweise Ambulanztransporte als denkbare Option.

Damit das Start-up seine Ziele erreicht, arbeiten inzwischen 55 Spezialisten für Dufour Aerospace. Bis auf eine Handvoll Mitarbeitende sind praktisch alle ausgebildete Ingenieure aus den unterschiedlichsten Bereichen wie Flugphysik, Elektroantrieb, Simulation, Software, Design oder Qualitätskontrolle. Beide Unternehmensstandorte wachsen parallel, aktuell aber etwas schneller in Dübendorf. «Gut 40 Personen arbeiten in Zürich, rund zehn in Visp, wo vor allem Themen wie Flugphysik, Flugcomputer und Tests von Komponenten bearbeitet werden», so Pfammatter. «Wir sind eine spannende Truppe. Ein Mix aus erfahrenen Aviatik-Experten und jungen ETH-Ingenieuren.» Geredet wird vorwiegend Englisch. Kein Wunder, schliesslich stammen die Mitarbeitenden aus 18 unterschiedlichen Nationen.


Finanzierung als grösster Stolperstein

Der Standort Wallis sei für Dufour Aerospace keine zwingende Voraussetzung, sondern viel mehr der Herkunft der Köpfe hinter dem Unternehmen geschuldet, so Pfammatter. «Hier haben wir unsere Wurzeln.» Es freut ihn umso mehr, dass sich das Kanton immer mehr zu einem Fixpunkt auf der Landkarte der Luftfahrtbranche entwickelt. «Man muss bedenken, dass im Wallis mit H55 aus Sitten und uns gleich zwei Unternehmen existieren, die in der Welt der modernen Elektrofliegerei eine Rolle spielen. Solch eine Konstellation gibt es sonst nirgends auf der Welt auf so engem Raum», betont er. Die beiden Unternehmen haben derzeit keine direkten Berührungspunkte – bei H55 liegt der Fokus auf Antriebssystemen. Einen gemeinsamen Nenner gibt es aber trotzdem. Auch bei der Gründung von H55 hatten Pfammatter und sein Kollege Dominique Steffen ihre Finger im Spiel.

Auf die Frage, wo Dufour Aerospace in zehn Jahren im Idealfall stehen wird, gibt es laut Pfammatter nur zwei Optionen: «Entweder unsere Fluggeräte sind in der Luft oder es gibt uns nicht mehr.» Realistisch schätzt er die Chancen, den grossen Durchbruch tatsächlich zu schaffen, mit 1 zu 10 ein. Vor allem die Finanzierungsfrage stelle eine grosse Herausforderung dar. «Bis ein Flugzeug wie Aero3 abheben kann, braucht es hunderte Millionen Franken. Zahlreiche Finanzierungsrunden sind nötig. Auf jeder Stufe muss man sich neu beweisen und neue Investoren finden.» Aktuell habe man einige spannende Investoren an Bord. Die meisten aber von ausserhalb der Schweiz, was Pfammatter bedauert. «In der Schweiz und auch in Europa sind wir eher risikoavers. Diese Haltung ist leider einer der grössten Wirtschaftshemmer.» Davon lässt sich er jedoch nicht beeindrucken: Im Moment blickt Pfammatter der nächsten Finanzierungsrunde zuversichtlich entgegen.


Quelle: WLOG

 

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